Steckverbindungen, Reinigung und Beruhigung

Stellt euch eure Bemühungen zur Optimierung eurer heimischen Musikanlagen als einen Weg aus 1000 Schritten vor. Am Ziel dieses Weges befindet sich der Ort, dem ihr möglichst nahekommen wollt: Die Musik mit all der Feinheit, Dynamik und ihrer emotionalen Wirkung.

Die Positionierung der Lautsprecher, Auswahl von Kabeln, Waschen von Schallplatten oder Verbesserung der Hörraumakustik sind Beispiele für Maßnahmen, die euch einige Schritte auf eurem Weg weiterbringen. Den wahrscheinlich größten Teil der Wegstrecke überbrückt ihr jedoch durch einen von Störungen möglichst unbelasteten Stromfluss. Im ersten Teil dieses Beitrags erläutern wir einige Grundlagen und geben euch im zweiten Teil praktische Tipps zur Optimierung mit auf euren Weg.

Ran an die Steckverbindungen

Steckverbindungen entlang des Stromflusses

Das Problem des Stromflusses, das wir hier betrachten wollen, hat seinen Ursprung an allen Stellen, an denen zwei Stromleiter miteinander verbunden werden. Auf dem Weg des Stroms vom Hausanschluss bis zur Lautsprechermembran kommen selbst bei den durch Steckverbindungen und Sicherungen für uns zugänglichen Stellen außerhalb der Geräte leicht ein Dutzend Übergangspunkte zusammen (siehe auch nebenstehende Zeichnung). Diese treten sowohl beim Strom als bloßer Energiequelle (z.B. Netzstecker) als auch beim Strom als Informationsquelle des musikalischen Signals (z. B. Lautsprecherklemmen, Chinch- und XLR-Stecker) auf.

Steckverbindung als Canyon

Bei einer klassischen Steckverbindung wird ein Kontakt zwischen zwei nur auf dem ersten Blick glatten Leitermaterialien hergestellt. Durch ein Mikroskop betrachtet schieben sich hier zwei zerklüftete Canyons übereinander, die sich nur an einigen Felsüberhängen berühren, während andere Bereiche sprichwörtlich in der Luft hängen. Durch Verunreinigungen und Oxidation der Oberflächen wird dieser Zustand noch verstärkt. Sobald Strom fließt, geraten die Leitermaterialien in Schwingungen und es entstehen instabile Kontaktflächen an den Kluften der Canyons. Dieses chaotische Kontaktverhalten an den Verbindungen führt zu messtechnisch nachweisbaren Stromschwankungen im Mikroampere-Bereich und – was wahrscheinlich relevanter für die Musikwiedergabe ist – zu Fehlern im Zeitverhalten des Stromflusses (Phasenfehler). Statt einer „sauberen“ Sinuskurve müssen die elektronischen Bauteile der Quellgeräte und Verstärker nicht mehr eindeutig getaktete Stromsignale verarbeiten. Der Strom und damit auch der musikalische Fluss geraten im wörtlichen Sinne aus dem Takt.

Putzarbeit

Putzwerkzeuge

Eine effektive Verringerung dieser Effekte könnt ihr durch die Reinigung und Optimierung der Kontakte und durch eine Reduzierung von Schwingungen an den Steckverbindungen erzielen. Auch wenn die Reinigung der Kontakte je nach Größe der Anlage viel Mühe erfordert, ermutigen wir euch dazu, diese Arbeit möglichst entlang der gesamten Stromkette an allen zugänglichen Stellen durchzuführen. Der Aufwand lohnt sich. Zur Reinigung könnt ihr kleine Bürsten benutzen, wie sie zur Reinigung von Zahnzwischenräumen im Dentalbereich genutzt werden oder auch Q-Tips, die ihr ggf. noch mit einer Zange platt drückt, um besser in die Zwischenräume an XLR oder Chinch Stecker zu gelangen. Gereinigt werden alle Steckverbindungen der Strom-, NF- und Lautsprecherkabel, aber auch die Steckdosen, Kontakte von Schmelzsicherungen im Sicherungskasten, die Feinsicherungen in den Audiogeräten und die Pins und Sockel von Röhrengeräten. Es versteht sich von selbst, dass bei dieser Arbeit mit der erforderlichen Vorsicht vorzugehen ist und ggf. Sicherungen abzuschalten sind, um Stromschläge zu vermeiden. Achtet darauf, dass ihr die Kontaktstellen nach der Reinigung nicht mehr mit den Fingern berührt: In den Schweißrückständen befinden sich Sulfite, die bereits nach kurzer Zeit wieder zu Oxidationen an den Kontakten führen können. Das wäre schade um die viele Arbeit.

Reinigungsmittel

Jetzt kommen wir zu einem etwas heiklen Thema: Womit sollte gereinigt werden? In den Foren des Internets kursieren hierzu verschiedene und teilweise abenteuerliche Meinungen. Von Experimenten mit Alkohol, Spiritus, Reinigungsbenzin oder anderen Hausmitteln möchten wir eindringlich abraten. Einerseits geht es eben nicht nur darum, fettlösliche Ablagerungen, Nikotin oder Verunreinigungen durch Luftbestandteile zu entfernen, sondern auch Oberflächenoxidationen. Zum anderen gibt es durchaus Mittel, die kurzfristig einen positiven Effekt zeigen, deren Bestandteile jedoch längerfristig verharzen und dann eine Verschlechterung der Situation herbeiführen.

An dieser Stelle möchten wir ausnahmsweise eine Produktempfehlung für Audiotop Set Connect 1, 2 und 3 aussprechen. Wir sind so überzeugt von diesem Produkt, dass wir es seit vielen Jahren für Analgeninstallationen, Lautsprecherbau und Vorführungen selbst nutzen. Aus Gründen der Transparenz weisen wir jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es wegen der teuren verwendeten Rohstoffe (Chemikalien höchster Reinheitsstufe für Laborentwicklungen) relativ hochpreisig ist und von unserer Schwesterfirma Acapella vertrieben wird. Ein befreundeter Entwickler greift zur Reinigung teilweise auf die Produkte Kontakt 60 und Kontakt WL der Firma Kontaktchemie zurück. Hierzu liegen uns keine eigenen Erfahrungen über die kurz- und langfristige Wirkung vor. Auch er benutzt jedoch zur abschließenden Behandlung Audiotop Connect 3. Bei diesem Mittel handelt es sich um eine isolierende, zähe Flüssigkeit, mit der die Kontakte abschließend dünn überzogen werden. Sie sorgt dafür, dass der Stromfluss auf die oben beschrieben Kontaktpunkte („Felsüberhänge“ des „Canyons“) begrenzt wird und reduziert so die durch Schwingungen verursachten instabilen Kontakte und schädliche Phasenverschiebungen im Stromfluss. Nach der Reinigung und ggf. weiteren Oberflächenbehandlung wird sich die erzielte Wirkung nach einer Zeit des Einspielens noch weiter verstärken.

Reduzierung der Schwingungen

Anschließend widmen wir uns der Reduzierung der schädlichen Schwingungen an den Steckverbindungen. Diese lohnenden Maßnahmen sind mit geringen Investitionen verbunden. Das Mittel der Wahl heißt Butyl und ist ein bis 100 Grad hitzebeständiges, nichtleitendes, hochgradig dämpfendes und knetbares Dichtmaterial. Wir haben mit verschiedenen Produkten Versuche durchgeführt und die besten Erfahrungen mit dem von Würth vertriebenen Karosserierundband gemacht. Das Rundband von Würth lässt sich im Gegensatz zu einigen anderen Produkten auch wieder rückstandslos von harten Oberflächen entfernen (Vorsicht: Bei offenporigem Holz oder Papier können Verfärbungen zurückbleiben).

Fangt am Sicherungskasten an und beruhigt sowohl die Sicherungen mit etwa fingernagelgroßen Knetpunkten aber auch den klappernden Deckel des Sicherungskastens und andere Bauteile, die zum hörbaren Nachschwingen oder Scheppern neigen, wenn sie leicht angeklopft werden. Weitere Knetpunkte setzt ihr an den Stromsteckern, Steckdosen und Steckerleisten sowie an allen NF Steckern und Lautsprecherklemmen. An den Steckverbindungen gilt die Regel „weniger ist mehr“ – widersteht der Versuchung, alles mit der Knetmasse zuzukleistern, sondern nutzt jeweils nur kleine Kügelchen oder dünne Würste des Materials.

Wenn ihr einmal dabei seid, klopft auch mal die Deckel eurer Elektronik ab. Ist dabei statt eines dumpfen Plock-plock ein blecherner Ton zu hören, sollte auch hier mit einer Knetwurst Abhilfe geschaffen werden. Sämtliche mögliche Maßnahmen zur Optimierung der Stromqualität abzuhandeln, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Daher werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt damit beschäftigen. Doch mit der hier beschriebenen Kontaktreinigung und Schwingungsoptimierung seid ihr auf dem richtigen Weg und es wird euch leichter fallen, in die Musik einzutauchen. Die zarten Einschwingvorgänge von Instrumenten sind leichter nachvollziehbar, die Räumlichkeit der Darstellung verbessert sich und das Klangbild wird insgesamt präziser und ruhiger. Je besser die Gesamtanlage bereits abgestimmt ist, desto gravierender fallen diese Effekte aus.